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MILO MOIRÉ | Künstlerin

embodiment | symbols | socialisation

Eine mediale Kontroverse um den Einsatz des weiblichen Körpers in der Kunst entstand durch die radikalen Performances der Schweizer Künstlerin Milo Moiré. Die Videos von “The Script System“ (2013) und “The PlopEgg Painting“ (2014) wurden weltweit millionenfach gesehen.

Die Konzeptkunst von Milo Moiré provoziert einen plastischen “Moiré-Effekt”: Sie lässt kulturell eng gerasterte Muster kollidieren, um eine neue Struktur zu gewinnen- ungreifbar, schwingend und schwebend zugleich.

„Ich blicke gerne hinter die Oberfläche, in das im Dunkel Verborgene. Oftmals macht es mir Angst, das Ungewisse kennenzulernen, ohne Sicherheiten zu sein, einen Schritt weiter zu gehen als andere. Im Grunde ist das nichts anderes, als sich mit sich selbst zu konfrontieren und das ist die absolute Un-Comfort-Zone!  Wie Marina Abramovic schon treffend sagte: “Ein Mensch geht als ein Niemand in die Wüste und kehrt als ein Jemand aus der Wüste zurück.”

Milo Moiré beschreibt ihre Kunst als durch Intuition geleitete Kunst:

„Kunst ist Verwandlung. Sie gibt DER Freiheitszone überhaupt eine innere Bedeutung. Findet sich ein Mensch in dieser unbewussten Sprache der gefühlten Bilder wieder, erfährt er Kunst- Verwandlung. Was für ein Glücksgefühl! Was Kunst so besonders macht ist, dass sie aus dem körperlichen Gefühl eines universellen Verständnisses entspringt und es wiederum nährt.“

Die geheime und universale Sprache der SYMBOLE, das gelebt-radikale EMBODIMENT und Aspekte der SOZIALISIERUNG sind die zentralen Perspektiven des Schaffens der Künstlerin Milo Moiré. Im Dialog und im Wechselspiel von Kunst und Psychologie als Inspirationsquelle entstehen so transformale Paintings und eindringliche Performances.
Moirés Kunst ist eine still-kraftvolle Kunst.

EMBODIMENT
„Den Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst vollziehe ich mithilfe der Verkörperlichung.“

„Erst durch das körperliche Gefühl entstehen die Bilder in meinem Kopf und erst durch meinen eigenen Körper kann ich dieses Gefühl den anderen begreiflich machen.“

Milo Moiré setzt ihren Körper bewusst-konsequent ein, um sich künstlerisch auszudrücken. Die Körperlichkeit wird so zur Notwendigkeit für den künstlerischen Ausdruck, um das Geschehene – auch für den Zuschauer – erlebbar zu machen.

„Wir brauchen das Embodiment, um die nicht an Sprache gebundenen Dinge in unserer Welt verstehen zu können. Die Quelle der Kunst entspringt aus einer körperlichen Empfindung. Mein Körper ist weiblich und ich manifestiere meine Kunst durch ihn, doch um die innere Bedeutung von Kunst zu verstehen, braucht es kein Geschlecht, sondern Menschlichkeit.”

Sie benutzt nackte Haut als ambivalentes Zeichen der Blöße, für die kulturell verankerte Verachtung der Entblößung, die kollektive Verletzlichkeit und als Sinnbild für die allumfassende Sehnsucht nach Nähe.

 “Hüllenlos entfaltet der Körper seine maximale Signalkraft, seine Ursprünglichkeit. Er ist universell und frei von Ablenkung, nicht an vorherrschende Ideale, Mode oder gar Zeit gebunden. Der Anblick von Nacktheit provoziert eine Begegnung mit sich selbst und erzeugt Berührung im Inneren oder erzeugt Abwehr und schlägt um in den empörten Widerstand. Ich sehe den menschlichen nackten Körper wertfrei – als eine Leinwand, die Möglichkeit, sich selbst näherzukommen. Die Möglichkeit, Verletzlichkeit zuzulassen und Stärke zu empfinden.”

SYMBOLS
„Um Kunst zu schaffen, setze ich auch das Ursprüngliche der Weiblichkeit – meine Vagina – ein“.

Milo Moirés Kunst gleicht einem verworrenen Traum, bei dem Urformen und Zeitgeist aufeinandertreffen. Vertraute Symbole werden aus ihrem gewohnten Umfeld extrahiert und von der Künstlerin neu (de-)formiert und kontrastiert.

Die Auferstehung einer Schneehexe im maskierten Gesichterkampf zwischen heiß und kalt in einer weißen Nacht, eine in Worte gekleidete Frau, wie Wurzeln eines Baumes aus dem Kopf sprießende Neuronen, Skript geleitete menschliche Automaten, der Dialog mit der Wand, die intime Öffentlichkeit, ein Vagina geborenes Bild, ein Ei als der Anfang von Allem…

“Meine Vagina ist für mich ein selbstverständliches Körperteil. Sie ist viel mehr als Geburtskanal und sexuelles Lustorgan. Für mich steht die Vagina metaphysisch für ein Muster, das ein großer Teil meiner selbst ist. In meiner Performance „The PlopEgg-Painting“ korrelieren das Ei und die Vagina in einer einzigartigen Symbolik. Wie hätte ich denn anders die Art Birth umsetzen sollen, als mit einem Ei und meiner Vagina?” 

SOCIALISATION
„Versuchen Sie mal einen Porno zu schauen und künstlerische Aspekte darin zu erkennen oder in der Normalität Perverses zu entlarven!“

Mit expressiver und doch unangestrengt zufällig wirkender Konzeptkunst, nicht gebunden an Materialien außer an den eigenen Körper, stellt Milo Moiré das
Denkdiktat des Alltags infrage. Das als selbstverständlich hingenommene Verhalten des Menschen transformiert sie in eine künstlerische Bildsprache und verleiht dem gewollt unsichtbaren Geist des Tabus ein erkennbares Gesicht. „In meiner Kunst versuche ich, Denktüren zu schaffen“, sagt die Künstlerin. Und es gibt immer mindestens eine Tür, die durch den Spiegel führt.

“Der Mensch ist bequem und konsumfreudig geworden. Kurzfristig, so scheint es zumindest, ist es kräftesparender, ja, ökonomischer, gewohnte Perspektiven beizubehalten, anstatt sich in Ungewohntes hineinzudenken. Was passiert, wenn man dem “Sowohl-als-auch-Prinzip” ins Haus der Moral Eintritt gewährt?”